Die Auferstehung von Tolstoi begleitete mich durch den Sommerurlaub in Frankreich letztes Jahr.
Das liebe ich so sehr an dicken Büchern: Sie begleiten einen über eine längere Zeit, man entwickelt sich mit ihnen weiter... Wenn wir so viel Zeit als Familie verbringen, wie in den Sommerferien, erzählen wir uns gegenseitig immer genauestens, was gerade in den Romanen passiert, die wir lesen, doch dieses Mal erzählte ich nicht so viel, da die Handlung in diesem Roman Tolstois, so langsam vorankommt. Es passiert zwar viel, aber nichts, was die Handlung so sehr beeinflusst, dass es berichtenswert wäre.
Nechljudow kommt als Geschworener zu einer Gerichtsverhandlung, bei der die Angeklagte eine Prostituierte ist, die er früher verführt hatte, wodurch sie schwanger wurde und so durch eine Kette von Ereignissen gesellschaftlich abstieg und sich prostituierte. Nechljudow fühlt sich schuldig und möchte ihr helfen, da sie dazu noch zu Unrecht verurteilt wird. Er lässt seine Beziehungen spielen und macht die Befreiung Katjuschas aus dem Gefängnis zu seinem Lebensinhalt. Immer mehr kommt er mit den Insassen in Kontakt und lernt noch viele weitere Leute kennen, die fälschlicherweise verurteilt wurden. Er nimmt sich auch ihrer an. Es gelingt ihm nicht, die Situation Katjuschas zu verbessern und begleitet sie schließlich auf der harten Reise ins Exil.
Er bekommt mit, wie ungerecht das Rechtssystem ist und fragt sich, wie es dazu kommen kann.
Letztendlich kommt er zu dem Schluss, dass, wenn sich alle Menschen nach der Bibel richten würden, die Gebote befolgen würden, nur noch Gutes passieren würde.
Ich glaube nicht an Gott, doch dieses Werk hat in mir erstmalig Interesse daran geweckt, die Bibel zu lesen. Vielleicht findet man dort mehr Antworten als man denkt, selbst als Atheist.
Natürlich ist es wunderbar geschrieben und auch der Inhalt gefällt mir sehr. Es ist viel gesellschaftskritischer, oder auf jeden Fall ist es das offensichtlicher. Dieser Roman erschien 20 Jahre nach Anna Karenina. Tolstoi ist älter geworden und auch ich würde sagen, dass er für ältere Menschen ist als Anna Karenina. Obwohl beides wunderbare Bücher sind, hätte ich Auferstehung nicht so verstehen können, wie ich es jetzt tue.
Aber vielleicht würde ich auch Anna Karenina komplett anders aufnehmen, jetzt, wo ich älter und reifer bin.
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